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Bericht "St.Andrews / Old course"
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Erlebnisbericht "St.Andrews / Old course"

Ich habe es geschafft - eine Runde auf dem "Old Course" in St.Andrews!!!



Am 01.08.2006 habe ich im Rahmen meiner Schottlandreise anläßlich meines 40.Geburtstags den "freien Tag" genutzt, um einfach mal mein Glück zu versuchen. Also auf nach nach St.Andrews - ohne reservierte Startzeit. Startzeitreservierung ist normalerweise nur im Vorjahr an einem Tag möglich - desweiteren gibt es noch ein Losverfahren, welches aber nur für zwei Personen gilt. Einzelspieler müssen sich deswegen beim Starter in eine Liste eintragen und warten. Ich war um 5:50 Uhr am Starterhaus und hatte einen Listenplatz an Rang 8 - eigentlich eine gute Position, wenn nicht in St.Andrews aufgrund irgendwelcher Boy und Girls Open "die Hölle los gewesen" wäre. Das Wetter war typisch Schottisch und für ein Spiel auf einem Links-Course passend - ordentlicher Wind, überwiegend Sonne mit einzelnen kleinen Schauern.

  

Als um 6:30 Uhr dann der erste Vierer-Flight die Runde aufnahm konnten sofort zwei Spieler aus der Warteliste in dem Fligth mitspielen. Dann aber gab es keine Absagen mehr und mein großes Bangen begann. Irgendwann war ich dann der Verzweiflung recht nah, denn es zeichnete sich ab, dass die Flights zwischen 9 - 15 Uhr komplett ausgebucht waren. Aber dann - endlich - ich bekam eine Startzeit um 8:50 Uhr. Wahnsinn - Herzklopfen - feuchte Hände - es sollte Wirklichkeit werden - eine Runde auf dem legendärsten Golfplatz stand mir bevor. Schnell das Greenfee von 120 Pfund (ca. 170 Euro) gezahlt und dann noch ein paar Trockenschwünge (ein Besuch auf der Driving-Range war nicht möglich, da ich die ganze Zeit vor Ort abwarten musste) und ein paar Putts auf dem Putting-Grün.

Dann ging es los - mein vierstündiger Traum sollte beginnen! Mit drei netten Golfern aus den USA (Marc - Hcp. 8), Neuseeland (Graham - Hcp. 3) und aus dem St.Andrews-Golfclub (ein Senior mit 76 Jahren) stand ich dann am ersten Tee vor dem R&A Clubhaus. Die beiden Golfer aus den USA und Neuseeland leisteten sich einen Caddy - mein Budget für den Tag war schon hoffnungslos überzogen. Aber ich hatte vorher schon Fernsehübertragungen aus St.Andrews gesehen und bekam noch den Tipp vom Starter "links spielen" - das musste reichen. Also reihte ich mich ehrfurchtsvoll an Position 4 im Flight ein - den Driver in der Tasche und stattdessen das Holz 3 in der Hand. Den Abschlag (von "gelb" - StVg. 14,5 = SpVg. 16) habe ich dann sicher auf dem breiten Fairway von Bahn 1 platziert, die Annäherung dann ganz vorsichtig vor den Swilcan Burn gelegt, und mit einem Chip und zwei Putts das Bogey gespielt. Mein Ziel war: erst mal nicht negativ auffallen - insofern ein guter Anfang.



Dann wurde es schon schwieriger, denn bei vielen Abschlägen sah man das Fairway vom Tee überhaupt nicht. Also stellte sich immer wieder die Frage: wohin muss ich eigentlich schlagen? Ich bekam aber Hilfe von den Caddies meiner Mitspieler oder von den älteren Herrn aus dem Club (hinterher eine Art "Privat-Caddy" von mir). Und im Zweifelsfall wusste ich ja - links halten. Leider hatte dieses dann zur Folge, dass ich an den folgenden Bahnen 3x in einem Pot-Bunker lag. Aber ich bin jedes Mal mit einem Schlag gut herausgekommen und habe mir überlegt, dass ich das Birdie-Book besser studieren bzgl. mit der Schlägerwahl etwas genauer sein sollte. Im Fernsehen sagen die Pros immer "Bunker vermeiden = guter Score"; warum also sollte ich dieses Motto nicht auch mal versuchen. Im Folgenden habe ich dieses dann auch umsetzen können - sowohl das Vorhaben mit den Bunkern, als auch das mit dem guten Score (doch dazu später).



Mein älterer Mitspieler war sehr nett und hatte ein Problem mit seiner Schlaglänge vom Tee - er konnte die Stechginsterbüsche zwischen Tee und Fairway z.T. nicht mehr überspielen. Also schlug er gar nicht erst ab, sondern droppte einfach einen Ball hinter den Büschen und spielte von dort die Bahn zu Ende. Nette Idee - ich wollte aber den ultimativen Kick, habe immer munter mein Holz 3 vom Tee gespielt und sogar fast immer das Fairway getroffen. Der Wind blies uns dabei auf den ersten sieben Bahnen konstant und heftig ins Gesicht, so dass man z.T. 2-3 Schläger mehr für die Schläge ins Grün benötigte. Und einmal auf den Grüns angekommen konnte man in der Regel mit einem 2-Putt sehr zufrieden sein. Die Grüns sind durch Bunker gut geschützt, wahnsinnig groß (Doppelgrüns) und zudem noch unheimlich stark onduliert - also alles was das Herz begehrt.



Nachdem ich mich mit Bogeys und einem Dobblebogey weiter durchgespielt hatte, kam dann auf der siebten Spielbahn nach einer guten Annäherung die Chance zum Par. Nachdem ich den ersten Putt viel zu lang an dem Loch vorbei geschoben habe konnte ich den Rückputt dann lochen - das erste Par. Dann gleich noch eins an der 8 (kurzes Par 3) hinterher - und ich wurde schon wieder übermütig. An der 9 wollte ich das Grün bei starkem Rückenwind mit dem Driver angreifen und habe den Ball stattdessen in dem Ginster auf der linken Seite verloren. Witzigerweise habe ich den provisorischen Ball mit dem Holz 3 auf das Grün vier Meter hinter die Fahne gespielt; zwei Putts - wieder Bogey.

 

Dann ging es ab der 12.Spielbahn (jetzt mit Rückenwind) wieder zurück Richtung R&A Clubhaus. Und ab hier wurden die Bunker noch "ekliger" und bekannter. Den "Hell"-Bunker konnte ich beispielsweise links liegen lassen und habe mir im Vorbeigehen erst einmal ein Bild machen können, wie ein Sandhindernis aussehen kann. Schon ziemlich beeindruckend...

Und dann kam es endlich - Bahn 17 - das berühmte "Road-Hole".

  

Und mit dem Gang auf das Tee die Entscheidung - den Driver über das Old Course Hotel oder "feige" an der linken Seite vorbei. Aber erst kamen ja meine Mitspieler: mein "Oldie" schlug links am Hotel vorbei, Graham aus Neuseeland mit einem satten Drive über die Hotelecke und Marc aus den USA knallte seinen Drive mitten in den Löwen, dessen Bild auf dem Hotel aufgemalt ist. Aber ich bin ja kein Angsthase und wollte auch etwas zu erzählen haben - also den Driver aus der Tasche und mit einem leichten Fade über die Hotelecke auf das Fairway. Mit einem Eisen (etwas zu weit links) vorgelegt und dann kam das nächste Problem - ein Pitch über den Road-Hole-Bunker auf die Mitte-Grün gesteckte Fahne. Also 60-Grad-Wedge raus, mutig durchgeschwungen - der Ball stieg über den Bunker, kam knapp hinter der Bunkerkante auf und rollte, rollte, rollte - und blieb soeben noch auf dem Grün liegen. Dann noch zwei Putts und das Bogey war sicher. Marc hatte übrigens nach dem verzogenen Abschlag ins Aus auch noch die Ehre in den Road-Hole-Bunker zu spielen: den ersten Schlag zur Fahne nicht heraus bekommen, den zweiten nach hinten auch nicht, den dritten zur Seite dann endlich heraus. Im Fernsehen sieht dieser Bunker (wie auch die anderen) immer so "easy" aus, aber es ist je nach Lage nahezu unmöglich frontal auf das Grün heraus zu spielen (zumindest für Amateure).



Und dann das große Finale - Loch 18 - Tom Morris - direkt auf das Clubhaus des R&A zurück Richtung St.Andrews. Doch erst hieß es abwarten, da der öffentliche Weg, der quer über das Fairway der Bahnen 1 und 18 verläuft, stark von Besuchern, Inlinern, Autos und Lkws genutzt wurde. Marc hatte sein Spiel nach der "Bunker-Practice" etwas verloren und schlug den Ball mit einem großen Slice rechts auf die Straße bzw. die Häuser (wo ich übrigens meinen Mietwagen geparkt hatte). Dann wieder die entscheidende Frage: Driver oder Holz 3? Was soll's - also den Driver aus dem Bag und den Abschlag über die Straße Mitte Fairway (leider in ein altes Divot). Nach einen mißglückten Pitch dann ein Chip durch das "Valey of Sin", zwei Putts und es war geschafft: ein vierstündiger Golftraum war in Erfüllung gegangen und auf der Scorekarte stand eine 87.

Mein Fazit: kein landschaftlich reizvoller, aber dafür ein unheimlich traditionsträchtiger Golfplatz. An jeder Stelle der Runde gibt es Stellen, die man bei einen der großen Golfer schon einmal im Fernsehen gesehen hat. Und dann kommt noch hinzu, dass ich von "gelb" gespielt habe - die Championchip-Abschläge liegen noch einmal etliche Yards weiter hinten. Sicherlich ist es von Vorteil, wenn man den Platz einfach etwas konservativer angeht: lieber mal den Driver in der Tasche lassen und versuchen die Bunker zu vermeiden. Aber es ist ein Traum - vom ersten bis zum letzten Schlag!!!



Und dann gab es ein weiteres Highlight nach der Runde - unser "Oldie" lud uns nach der Runde in das Clubhaus ein. Etwas besonderes, was nur den Clubmitgliedern und Gästen von diesen vorenthalten ist. Und so saßen wir noch Stunden nach unserer Runde mit weiteren alten "Golf-Haudegen" (u.a. ein Schottischer Meister aus dem Jahr 1960) am Fairway der 18. Spielbahn beim Bierchen und habe uns ausgesprochen freundlich über Golf, Whiskey und den Rest unterhalten.



Was ein Tag!!!